Dieses Jahr war das Hochschulforum ganz bewusst auf den Tag nach dem ersten ‚Alumni Homecoming Day‘ aller Weihenstephaner Fakultäten der HSWT gelegt worden, so dass anreisende Gäste die Möglichkeit hatten, alle beiden Alumni-Veranstaltungen zu besuchen. Auch diesmal war die Verleihung des Ehrenpreises des Verbandes Weihenstephaner Ingenieure e.V. (VEW) für den Bereich Gartenbau in das Tagesprogramm integriert.
Fachvorträge: Gartenbauliche Lebensmittel – Produktion versus gesellschaftliche Erwartungen
Die ökologischen, gesellschaftlichen und klimatischen Herausforderungen der Obst und Gemüse produzierenden Branche standen im Fokus der Fachtagung. Ökonomische und soziale Anforderungen des gartenbaulichen Lebensmittelanbaus müssen in Einklang gebracht werden, regionale Wertschöpfungsketten langfristig aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Prof. Dr. Dominikus Kittemann, der das Fachgebiet Obstbau in Lehre und Forschung an der HSWT vertritt und die HSWT-Versuchsstation für Obstbau Schlachters am Bodensee leitet, zeichnete für das diesjährige Programm verantwortlich und moderierte die Tagung. Zu Beginn gab einen kurzen Einblick in die obstbauliche Forschung an der HSWT.
Jörg Hilbers, Geschäftsführer der Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse, skizzierte in seinem Vortrag die gesellschaftlichen Erwartungen an den Obstbau und zeigte entsprechende Ideen und Strategien für einen nachhaltigen Obstbau auf, auch Möglichkeiten, wie dieser kommuniziert werden kann. ‚Ökonomische Nachhaltigkeit‘ sei in der aktuell sehr schwierigen ökonomischen Situation im deutschen Obstbau besonders wichtig, dabei habe der deutsche Lebensmitteleinzelhandel eine besondere Verantwortung.
Anforderungen an den internationalen Markt mit Tropenobst beleuchtete Manfred Pülm, Quality Lead bei Greenyard Fresh Germany. Er gab einen Überblick zu den Marktanteilen führender Unternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und zeigte die Herausforderungen im Rahmen der zahlreichen Zertifizierungs-Standards auf. Was die sozialen und ökologischen Herausforderungen angehe, sehe er neben vielen positiven Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten jedoch die ‚Geiz ist Geil‘-Mentalität im deutschen LEH kritisch, vor allem im Zusammenhang mit den sozialen Bedingungen in vielen Herkunftsländern.
Die Leiterin der Abteilung ‚Risikokommunikation‘ am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) PD Dr. Gaby-Fleur Böl gab Einblicke in die Arbeit des Instituts und erläuterte den Ablauf von Risikobewertungen am BfR. Sie führte aus, dass die tatsächlichen Risiken im Bereich Obst und Gemüse z.B. durch Pflanzenschutzrückstände in den letzten Jahrzenten verschwindend gering gewesen wären, die gesellschaftliche Wahrnehmung und mediale Darstellung dazu jedoch häufig im Widerspruch stehe. Unterschätzte natürliche Risiken gebe es in Haushalten vor allem im Bereich von Mykotoxinen und Keimen.
Der stellvertretende Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB) und Sortenprüfer Dr. Ulrich Mayr zeigte am Beispiel Apfel Entwicklungen und sich verändernde Produktanforderungen durch die Verbraucher:innen auf. Mit dem Vortragsthema ‚Mythos alte Apfelsorten versus neue Apfelsorten‘ beleuchtete er einerseits das große Potential alter Sorten als genetische Ressourcen, andererseits jedoch auch deren Nachteile im modernen Obstbau. Das Sortenkarussell drehe sich aufgrund einer weiteren Reduktion des Planzenschutzeinsatzes vor allem um stabile Resistenzeigenschaften gepaart mit dem Wiedererkennungswert einer Sorte, so Mayr. Und: „Hier können wiederum alte Sorten für die Kreuzung mit modernen Apfelsorten interessant sein.“
Tim Zahn, Referent für globale Lieferketten, Menschenrechte und Migration, der online aus Berlin zugeschaltet war, präsentierte die Ergebnisse des Oxfams Supermarkt-Check 2022. Die Nichtregierungsorganisation Oxfam vergleicht seit 2018 die Unternehmensrichtlinien und die Transparenz der größten deutschen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen im Bereich der Menschenrechte in ihren Lieferketten.